INVENTIONEN'85   

Beitrag Klaus Ebbeke


KLAUS EBBEKE:
EINE ÜBERLEGUNG ZUR ROLLE DES SCHLAGZEUGS
IN UNSEREM JAHRHUNDERT

Neben der Emanzipation der Dissonanz ist sicher die Emanzipation des Geräusches einer der Hauptzüge der Musik unseres Jahrhunderts. Und schon sehen wir uns einer ersten Schwierigkeit gegenüber. Gewöhnlicherweise wurde das Geräusch als das anders geartete akustische Ereignis dem Ton gegenübergestellt und damit auf seine nicht-musikalische Eigenschaft abgehoben. Das Wort von der Emanzipation des Geräusches geht sodann in zwei Richtungen. Zum einen meint es die Tatsache, dass auch Geräusche als Träger musikalischen Sinnes angesehen wurden und vom Denkerischen her ihr "Geräuschcharakter" beseitigt wurde, und zum anderen auch die Tendenz, die nicht-musikalische akustische Äußerung ernst zu nehmen. Im Grunde handelt es sich hier um zwei gänzlich verschiedene Phänomene. Während im ersteren Falle die Vorstellung von "Musik" auf ein weiteres Element erweitert wird, wird im zweiten Falle auf diese Vorstellung gänzlich verzichtet, und es wundert nicht, dass eine der ersten Bewegungen, die diese zweite Art von "Emanzipation des Geräusches" betrieb, der italienische Futurismus, in seinen Grundzügen auf die Überlegungen von bildenden Künstlern und Literaten zurückgriff. Sie stellten Forderungen an die Musik, sie verkündeten, dass sie Beethoven und Wagner leid seien, sie träumten von der Vereinigung von Flugzeug und Eisenbahngeräuschen, von Kanonendonner und Schiffssirenen. Man könnte dies als Außenseiterüberlegungen brandmarken, die andererseits aber durch einen nicht zu verkennenden Vorteil gekennzeichnet sind. Für den, der nicht von klein auf in unserer musikalischen Kultur sozialisiert wurde, dem, dem die Unterscheidung in "richtige" Töne und "falsche" nicht schon zweite Natur geworden ist, bietet sich die Chance, seine akustische Umwelt gleichsam "von außen" zu betrachten. Und dann steht eine Beethoven-Symphonie neben dem Hupen einer Schiffssirene, eine Oper des Verismo neben dem Lärm einer Bahnhofshalle, und es wird nicht sofort gewertet, was das eine und was das andere sei. Dennoch aber bleiben die Gedanken des Futurismus am Beginn unseres Jahrhunderts in einem Reservat, das erst sehr viel später eine Öffnung erfahren sollte.

Für die mitteleuropäische Musik war die andere Entwicklung wichtig geworden. Seit den Symphonien Gustav Mahlers war das Schlagzeug mehr und mehr angeschwollen und hatte in dem Aufwand der sechsten Symphonie sicher einen Höhepunkt gefunden. Hier sehen wir uns einem Stückchen musikalischen Satzes gegenüber, in dem das Geräusch der Herdenglocken zum musikalisch Dominierenden wird. Die Regieanweisung Mahlers jedoch lenkt die Phantasie sofort wieder in die "richtige" Bahne. So heißt es bei Takt 198: "Die Herdenglocken müssen sehr diskret behandelt werden - in realistischer Nachahmung von bald vereinigt, bald vereinzelt aus der Ferne herüberklingenden (höheren und tieferen) Glöckchen einer weidenden Herde. Es wird jedoch ausdrücklich betont, dass diese technische Bemerkung keine programmatische Ausdeutung zulässt." Dennoch aber wird es klar, dass dieses Geräusch für das bukolische Idyll steht, das aus der Ferne aufscheint. Sodann eignet einem solchen Geräuscheinsatz ein Zitathaftes, das es spröde machte gegen eine wirkliche strukturelle Verbindung mit dem musikalischen Satz, die allein erst von einer Emanzipation hätte sprechen lassen können. Anton Webern, der in seinem dritten Orchesterstück op. 10 diese Konfigurationen aufgreift, scheint die Virulenz, die sich bei aller satzmäßigen Neutralisierung hier angedeutet haben mochte, gespürt zu haben. Im Kontext dieses nur 11 Takte langen Stückes kommt dem Glockengeräusch allein schon von seiner zeitlichen Präsenz ein anderer Stellenwert zu. Es bildet eine der musikalischen Grundschichten. Hinzu kommt, dass auch alle anderen Instrumente in ihrer Dynamik so zurückgenommen sind, dass sie an der Grenze eines klar gebildeten Tones operieren. Das Grundrauschen wird auch bei den anderen "musikalischen" Instrumenten zu einer dominanten Bildung, durch die auch das Musikalische, das den Herdenglocken mit ihren regelmäßigen Obertonspektren anhaftet, weiter reduziert wird. Der "Marsch" aus Alban Bergs Orchesterstücken op. 6 geht den entgegengesetzten Weg: auf dem vom Komponisten so bezeichneten "Höhepunkt" erleben wir eher einen Gewitterschlag der Schlaginstrumente, die in den musikalischen Satz hereinfahren und ihn durch ihre Gewalt gefährden. Vielleicht mag man hier das Reversbild zu der Webernschen Miniatur sehen: auch hier bricht das Schlagzeug aus den Bahnen aus, die die normale Orchestermusik ihm gesteckt hatte, ein Eigenrecht behauptend, das an die Grenzen des in dieser Sprache Sagbaren rührte. Die Wege Bergs und Weberns, die sie in ihren Orchesterstücken öffneten, wurden jedoch nicht weiter beschritten. Nach dem Ersten Weltkrieg war eine Antwort auf die Frage, wie Musik zu machen sei, gefunden. Es scheint durchaus bemerkenswert, dass in den zwanziger Jahren, die man doch als "neoklassizistisch" bestimmt kennzeichnen möchte (an denen auch die Komponisten der Wiener Schule - jeder auf seine Art - teilhatten) diesen Weg einer "Emanzipation des Geräusches" nicht weitergingen. Das, was mit den Orchesterstücken der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg vor uns liegt, stellt sich als Gehversuch auf dem Grenzgebiet des musikalisch Möglichen dar. Nur in einem aufs Äußerste angespannten Idiom, das auf keiner Ebene mehr einen festen Rückhalt hat, wird das Geräuschhafte als gleichberechtigte musikalische Sinneinheit erfahrbar; sobald jedoch der musikalische Zusammenhang durch einen wie auch immer gearteten Außenhalt garantiert ist, stellt sich das Verhältnis von Substanz und Akzidenz sofort wieder her. Unter solcher Prämisse scheint es ganz natürlich, dass in einer neoklassizistischen Tradition dem Schlagwerk außerhalb einer Akzentuierung rhythmischer Elemente keine besondere Bedeutung mehr zukam. Die einzige Ausnahme mag man in den beiden späten Kompositionen Belá Bartóks, der "Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta" und der "Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug", sehen, die beide einen ganz bedeutenden Schritt über die Usancen damaliger Instrumentierung hinausgehen. Der lapidare Titel, den Bartók seiner "Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta" gegeben hat, mag nicht nur die Unsicherheit des Komponisten bezüglich der Gattungszugehörigkeit signalisieren, er deutet auch auf einen Sachverhalt der Musik selber. Die Besetzung, die Bartók auswählt, ist neu und hat nicht ihresgleichen in der musikalischen Tradition. Das Klavier fungiert als Mittler, es ist - wenn man so will - Saiteninstrument und Schlagzeug zugleich, während die Celesta zum Doppel des Klaviers wird, als das sie von Bartók ja auch angesehen wurde, zu einer fernen Spiegelung des Saitenklangs, aber noch nicht von der Schärfe und dem absoluten Schlagzeugcharakter, den das Xylophon vertritt. Wenn andererseits die Harfe sicher auch das reinste aller Saiteninstrumente ist, sie den Klang der Saite am archaischsten aufbewahrt (so wie ja auch das Xylophon eine aus der Perspektive der abendländischen Musikkultur schon beinahe vormusikalische Ebene vertritt), wird sie jedoch durch die Charakteristik ihres Spiels, das ja allein gezupfte Töne erlaubt, auch wieder dem Xylophon angenähert. Es scheint, als spanne Bartók mit der von ihm gewählten Besetzung ein dichtes Geflecht von Klangfarbenbeziehungen (seien es Übergänge, Kontraste oder - wie bei Harfe und Xylophon - beinahe schon dialektisch zu nennende Umschläge), das gleichfalls eine Ebene des Komponierten ist, eine Ebene, die dem klassischen Musikdenken eher fern steht, wird doch hier die akustische Realität der Instrumente in das kompositorische Kalkül miteinbezogen. Ähnliches lässt sich für die Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug aufweisen, und es scheint nicht ganz bedeutungslos, dass der junge Stockhausen, der wie kein anderer mit seiner Komposition "Kontakte" ein Paradigma für die Verbindung elektronischer und konventioneller Klänge geschaffen hat, seine Examensarbeit an der Kölner Musikhochschule gerade über dieses Werk schrieb. Und es scheint ein nicht nur spekulativer Gedanke, wenn man in seiner frühen Komposition "KreuzspieI" aus dem Jahre 1951 einen Reflex auf die Beschäftigung mit Bartók erblickt, ist es doch nicht allein die Besetzung (Oboe, Bassklarinette, Klavier und ein reichhaltiges Schlagzeugarsenal, das von drei Spielern bedient wird), sondern auch der "Ton", der eine solche Assoziation wachruft.

So schreiben wir uns aus einer ganz unerwarteten Richtung an den Gegenstand, der das eigentliche Thema dieser Erwägungen bilden sollte, heran. Zuvor aber noch eine zweite Volte. Was wir hier in Bruchstücken verfolgt haben, war die Hineinnahme des Geräuschträgers Schlagzeug in den konventionellen Orchesterapparat und das konventionelle Musikdenken, wobei in den Stücken Bartóks vielleicht auch ein anderer Einfluss sich bemerkbar machte: der einer volksmusikalischen Tradition, deren Stränge fernab der europäischen Konzertsäle verliefen und die Bartók als Kraftquelle an den verschiedensten Punkten in sein Werk hineinnimmt. Wenn wir auf den zuvor beschriebenen anderen Sinn der Emanzipation des Geräusches und damit des Schlagzeugapparates hinauswollen, müssen wir die Richtung weiter verfolgen, die im Futurismus ihren Anfang nahm. Und hier ist es Edgar Varèse, dessen Konzeption eines "son organisé" ein neues Denken vorbereitet. Klang ist nicht mehr das Akzidentium, das einem abstrakten musikalischen Gehalt in die akustische Realität verhilft. Anlässlich der deutschen Erstaufführung des Orchesterwerks "Arcana" schrieb selbst ein dem Neuen so aufgeschlossener Kritiker wie Heinrich Strobel 1932 im "Berliner Börsen Courier": "Sie negieren die formale Logik, das thematische Denken, die Gesetzlichkeit harmonischer Vorgänge, sie negieren nicht zuletzt auch unsere Klangvorstellungen." Und von seinem Standpunkt aus mag man Strobel durchaus ein gewisses Recht zugestehen. Varèses Musik negierte wirklich alles, was "Musik" im klassischen Zusammenhang bedeutet. Und gerade bei seinem Komponieren mit dem Klang selber nahm das Schlagzeug, die am wenigsten belastete Gruppe im traditionellen Orchester, eine herausragende Stellung ein, die sich dann in der Komposition "Ionisation" (1931) niederschlägt, die allein noch ein Schlagzeugarsenal bemüht. Natürlich mag man einwenden, dass selbst in einem solchen Stück sich noch ein rudimentäres Sonatenhauptsatzdenken aufweisen lässt. Der Versuch jedoch, einen in der Hauptsache nicht mehr diasthematisch bestimmten Zusammenhang herzustellen, bedeutet ein Novum innerhalb der musikalischen Tradition. Und auch von dort ist der Weg zu elektronischen Klängen nicht weit. In den 1952/53 entstandenen "Deserts" wechseln elektroakustische Teile mit solchen des normalen Orchesters ab, wobei dem Schlagzeug oftmals die Vermittlerrolle im Wechsel der Klangebenen zukommt.

In seiner "History of experimental music in the United States" macht John Cage noch auf einen wichtigen Aspekt aufmerksam: "Henry Cowell hing nicht an der Frage (ebenso wie Varèse), die vielen als so wichtig erscheint: ob er Schönberg oder Strawinsky folgen sollte. In seinen Klavierwerken, lange vor Varèse "Ionisation" (das übrigens von Cowell veröffentlicht wurde) wies er mit seinen Tonclustern und den verschiedenen Weisen, die Saiten zu behandeln, auf das Geräusch und ein Klangfarbenkontinuum." Und gerade im Werk von John Cage selber zeigt sich dieser Einfluss ganz deutlich. Von den frühen Schlagzeugkompositionen bis hin zum präparierten Klavier, das für das Denken Cages ja ebenfalls ein Schlagzeuginstrument war, zeigt sich der Versuch, die Vorstellung von Klangfarbe zu weiten, wobei gerade dem Geräusch in Cages ersten elekroakustischen Versuchen eine besondere Bedeutung zukommt. Es ist von Anfang an gleichberechtigte akustische Erscheinungsform, die allerdings in ein anderes ästhetisches Verständnis eingebettet ist als all jene Versuche europäischer Provenienz. Wie einer sich aus dem Transzendentalismus herleitenden Ästhetik die Komponente des Zusammenklangs nicht mehr von primärer Bedeutung ist und zwischen Konsonanz und Dissonanz kein Unterschied qualitativer Art mehr besteht, so wird in einem weiteren Schritt die Unterscheidung zwischen Ton und Geräusch fallengelassen. Nicht wird das eine der anderen Kategorie eingefügt, die Denkweise selber wird abgelehnt. Und auch in den Anfängen der "musique concréte" hat das Schlagzeug ja eine herausragende Position. Wenn man sich die ersten fünf Geräuschetüden Schaeffers anhört, stellt sich heraus, dass das Hauptgewicht auf Schlagzeugklängen liegt, die mit "richtigen" Geräuschen versetzt werden. Auf diese Weise mag man durchaus einen Faden von Varèse Schlagzeugkomposition zu jenen Etüden knüpfen, die im Grunde das Prinzip der dreißiger Jahre mit neuen Elementen – realen Umweltgeräuschen eben (die gleichwohl durch die Speicherung auf Endlosrillen ihrerseits ja auch schon "musikalisiert" sind) – durchführen.

1952 dann, in der Zeit seines Studiums bei Olivier Messiaen, stellt Stockhausen eine konkrete Etüde in Schaeffers Studio her, die leider nicht auf uns gekommen ist. Es mögen sich hier die zwei divergierenden Strömungen wieder getroffen haben. Doch findet sich die Kombination von Schlagzeug und elektronischen Klängen erst vergleichsweise spät im Werk Stockhausens, mit den "Kontakten" des Jahres 1960. Dies mag verwundern, als die Klangsubstanz, die dort ausgebreitet wird, auch schon zum Zeitpunkt des "Gesangs der Jünglinge" zur Verfügung gestanden hätte. Wenn man von den Berichten zur ersten Konzeption ausgehen darf, war es Stockhausens Plan gewesen, ein Stück für Klavier und Schlagzeug zu komponieren, in dem die Elektronik die Übergänge zwischen den einzelnen Klangfamilien schaffen, sie an solchen Kontaktflächen ins Werk treten sollte. Im Laufe der Arbeit hat sich dieses Konzept zu einem Stück gewandelt, in dem das Schlagzeug einem elektronischen Tonsatz die klangfarblichen Lichter aufsetzt. Der elektronische Tonsatz kann, wie Stockhausens spätere Bewertung zeigt, jedoch auch durchaus für sich alleine stehen. Aber gerade dieses Stück hat eine bis heute ungebrochene Faszination, die bis zu einer Komposition wie Dirk Reiths "Nested Loops III" reicht, das selbst in seiner Besetzung (Klavier, Schlagzeug und vierkanaliges Tonband) an die klassische Konfiguration gemahnt. Vielleicht liegt das Faszinosum darin, dass sowohl Schlagzeug als auch Elektronik keine vorausbestimmten Artikulationsformen haben. In beiden Fällen stellt sich der Gedanke an ein vorgängiges Melos nicht gleich ein, auf beiden Materialebenen ist die Bemühung um einen musikalischen Sinn ähnlich. Hinzu mag das rein technische Moment kommen, dass die vom Schlagzeug hervorgebrachten Klänge in ihrer akustischen Struktur sehr viel interessanter und vielfältiger sind als die "normaler" Instrumente, die alle mehr oder weniger auf die harmonische Obertonreihe sich zurückführen lassen. Gerade einem Komponieren, das in den einfachen Zusammenhängen die Gefahr einer zu großen Vernutztheit sah, mögen diese komplizierteren Strukturen reizvoll erschienen sein. Und vielleicht lässt sich von da aus auch die damalige Tendenz erklären, den klassischen Instrumenten durch ungewöhnliche Spieltechniken möglichst neue Farben abzugewinnen.

In neuerer Zeit lässt sich noch eine weitere Entwicklung beschreiben. Musiker gehen dazu über, sich ein eigenes Instrumentarium zu schaffen, wobei gerade den Schlagzeuginstrumenten eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dies mag in ihrer technischen Einfachheit liegen, deutet aber noch auf ein Weiteres. Wir erinnern uns der Zeit jener Indien-Bewegung, als die Tabla plötzlich überall auftauchte. Wenn hier sicher auch ein hermeneutisches Missverständnis der Hauptgrund gewesen sein mag, kann dies aber auch für den Wunsch gestanden haben, sich selber musikalisch zu betätigen, auch dann, wenn man keine reguläre Ausbildung genossen hatte. Das Schlagzeug verspricht einen direkteren und vielleicht auch sinnlicheren Zugang zur Musik als jene Instrumente, deren Spiel erst in einem langwierigen Prozess erlernt werden müsste. Die selbstgebauten Instrumente stehen für den Wunsch, dem eigenen musikalischen Gedanken einen möglichst direkten Ausdruck zu geben, sich gleichsam einen Körperteil zu schaffen, der präzis das Gewünschte hervorbringt, ohne dass man den Umweg über eine standardisierte Apparatur gehen müsste, die neben den eigenen Gedanken auch immer die des Instrumentenbauers dem Spieler und dem Komponisten (wobei dieser hier meist dieselbe Person ist) suggeriert. Dies tritt uns auch auf dem Gebiet der elektronischen Musik entgegen, wo wir neben dem immer größeren Computer auch auf die entgegengesetzte Ausprägung treffen, auf den Apparat, den der Komponist speziell für die eine Werkidee zusammengestellt hat. Die Stücke Roland Pfrengles sind Beispiel für diese Erscheinung. Die Maschine ist Werkidee wie der Tonsatz, für jede Komposition muss eine neue Konfiguration geschaffen werden. Der technische Apparat wird zur ästhetischen Idee.

Dass neuerdings das Schlagzeug an Attraktivität eingebüßt zu haben scheint, mag daran liegen, dass die serielle Ästhetik, die jene ersten überzeugenden Werke der elektronischen Musik hervorgebracht hat, einem Musikdenken gewichen ist, das wieder mehr und mehr die klassischen Komponenten in den Mittelpunkt rückt. Eine Tendenz, die auch in den heute so populären Maschinen und ihrer Software angelegt zu sein scheint. In dem Augenblick, in dem man wieder in einer musikalischen Substanz und einer Kategorie "Sound" zu denken beginnt, die diese Substanz gleichsam umgibt, sind die geräuschhaften Klänge des Schlagzeugs, deren Dauern zudem immer nur kurz sind, nicht mehr geeignet, eine instrumentale Ergänzung zu liefern. Die Instrumente, die am Beginn der Neuen Musik eine so wichtige Funktion erfüllten, beginnen dann zu verstauben, wenn das Denken wieder retrospektiv wird.
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