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Éden 2003
Dieses 16-kanalige Werk wurde aus der Theatermusik zu dem Stück L’Éden Cinéma von Marguerite Duras entwickelt, das in der Regie von Brigitte Haentjens am National Arts Centre in Ottawa und beim Festival de Théâtre des Amériques im Mai 2003 in Montréal gezeigt wurde. Bühne und Musik wurden parallel entwickelt, als wären es Teile derselben Geschichte, aber zu ganz unterschiedlichen Zwecken erschaffen. Mir ging es vor allem darum, das gesamte Stück zu musikalisieren, ohne Pause. Dazu entwickelte ich extrem lange Klangschleifen, in denen sehr wenig passiert und verteilte einzelne Klangeffekte über Zeit und Raum. In der Konzertversion kommen zusätzliche Elemente hinzu, die die verschiedenen Aspekte des klanglichen Universums des Stücks repräsentieren: Vietnam, wo Marguerite Duras geboren wurde und aufwuchs, das Klavier aus dem Éden Cinéma, das Grammophon, die dank der Omnipräsenz des Rhythmus die Straße, die Reise, den Abschied beschwören.
StrinGDberg 2001-2003
Dieses 16-kanalige Werk wurde aus der Theatermusik zu Miss Julie von August Strindberg entwickelt, die in der Regie von Brigitte Haentjens im Mai 2001 in Montréal zu sehen war. Die einzigen Klangquellen dieses Stücks sind zwei Saiteninstrumente: eine Drehleier und ein Violoncello. Diese Instrumente repräsentieren zwei verschiedene Zeitalter in der Geschichte des Instrumentenbaus, das erste gehört zu einer Periode, als die Klanglichkeit eher ruppig und näher am Volk war, das zweite repräsentiert das Raffinement der Aristokratie. Das Werk besteht aus zwei sich überlagernden Schichten. Die eine entstand aus einer einzigen Aufnahme einer Drehleier-Improvisation, etwa eine Minute lang. Eine zweite Schicht des Violoncello gibt dem Werk seinen Rhythmus und verleiht ihr eine dramatische Qualität. Es ist ein Werk, das tief in den Klang eintaucht.
StrinGDberg entstand 2001 im Studio des Komponisten; die Uraufführung fand statt am 1. Juni 2001 im Olivier-Messiaen-Saal (Maison de Radio France) in Paris. 2002 wurde das Stück überarbeitet und gelangte am 14. September 2002 im Espace GO in Montréal zur Aufführung. Die komplett neu gestaltete, endgültige Fassung wurde am 27. November 2003 in der Königlichen Musikakademie in dänischen Århus uraufgeführt. StrinGDberg entstand als Kompositionsauftrag der Groupe de recherches musicales (Ina-GRM), Paris. Dank an Silvy Grenier (Drehleier) und James Darling (Violoncello).
Elektroakutische Komposition und Video-Tryptichon.
Tanz: Nick Haffner,
Video, Computer Animationen: Katja Büchtermann
Musik: Ludger Brümmer
Zeit, Ewigkeit, verändern, entwickeln, vergessen, Sein; es gibt viele Sichtweisen auf die Zeit, seien es statische, dynamische oder philosophische. Zeit ist die Grundlage für alles prozesshaft und läßt sich nur mit sich selbst, über den Weg der Geschwindigkeit verändern. Die Musik, als akustische Äußerung der Zeit benutzt allesamt mit physikalischen Modellen erzeugte Klänge. Diese sind zu mehr oder weniger prozeßhaften Organismen zusammengefasst und bilden eine große formale Phrase, die sich von einem weniger dichten Prozeß in einen repititiven Sog hinein steigert.
Anders als die Musik, benutzt die visuelle Ebene neben den Computeranimationen auch dynamische Phänomene der Natur, wie Wasser und Wolken, aber auch Individuen, Tänzer. Alle diese Objekte bewegen sich. Jedes auf seine eigenen Art, die sich jedoch auch untereinander in Beziehung setzen lassen, ob sie nun Gestalten oder Gesten ausbilden oder ob ihre Bewegungen in einer Fläche untergehen.
Der Film soll weder die Musik erklären, noch soll er sie kommentieren. Er soll genauso wie der Klang und der Rhythmus eine Ausdrucksweise der Zeit darstellen.
Den vier Lautsprechern stehen drei Videos gegenüber. Die Videos selbst enthalten zwei oder einen sich bewegenden Körper, die Animationen enthalten fünf einzelne Elemente.
Die dreifache Aufteilung wird mal zum Gesamtbild, mal zur Einzelgestalt. Jegliche Kombination ist denkbar und es ist wichtig die Dinge auseinanderzuhalten, nicht zusammenzuführen. In manchen Momenten jedoch addieren sich alle Elemente.
Xronos entstand anlässlich eines Kompositionsauftrages des französischen Kultusministeriums und wurde mit der Software Genesis von ACROE Grenoble entwickelt. Es wurde am Sonic Arts Research Center in Belfast und am ZKM in Karlsruhe produziert.
Zunächst sehen wir undefinierbare Punkte vor unseren Augen tanzen. Erst allmählich geben sie sich als kurze Blicke auf Haut zu erkennen, die sich durch sich kreuzende Lichtstrahlen bewegen. Zuletzt taucht der Schatten eines menschlichen Körpers auf. Light Body Corpuscles ist ein Stück über die Fragmentierung des Raums, die Sektion eines Körpers durch gestreutes Licht. Der Wechsstroboskopartigeel von verschiedenen Blickpunkten führt zu einer gestörten Wahrnehmung von Raum und Zeit. Der Körper, den wir sehen, erscheint vielschichtig und jede Schicht ist in einem anderen Raum-Zeit-Kontinuum eingeschlossen. Was wir sehen, entspricht nicht den Gesetzen der Physik oder der normalen menschlichen Wahrnehmung und zeigt einen Bruch mit der Realität, wie wir sie kennen.
Konzept, Fotos, Editing: Antonin De Bemels
Tänzer: Melanie Munt und Ugo Dehaes
Elektroakustische Komposition: Gordon Delap
Licht: Laurence Halloy
Räumliche Bilddarstellung: Periactes
Das Werk entstand mit Unterstützung des British Council und The Arts Council of Northern Ireland in Zusammenarbeit mit Sonic Arts Research Centre, Belfast, Ireland, und Nadine Art Centre, Brussels, Belgium
Resident of Unit D ist ein Audio-Video-Live-Projekt. Auf der technischen Ebene wurde es von den Werken Pierre-André Arcands beeinflusst, einem großen Audio-Künstler, der zusammen mit David Michaud einige wichtige Hilfsmittel der Audio-Art entwickelte und von Pierre Hébert, einem Magier von bewegten Bildern in Echtzeit. Beide starteten noch mit analogen Mitteln und entwickeln nun digitale Hilfsmittel für ihre Kunst. Während meines Aufenthalts im Tesla im Podewils’schen Palais werde ich versuchen, meine eigenen Hilfsmittel zu entwickeln, wobei ich gleichzeitig mit Klängen und Video arbeiten will. Auf einer eher konzeptionellen Ebene hat Resident of Unit D mit der Zeit zu tun, die ich als Ferienjob in einem Krankenhaus für geistig Kranke verbrachte. Das Gebäude hatte ein bestimmtes Licht, eine bestimmte Atmosphäre, die ich manchmal in anderen Gebäuden wiedererkenne. Das Werk setzt sich mit diesen Erinnerungen auseinander.
für Mehrkanalsound und Video (Alexej Paryla) UA, 24'
Wolfgang Mitterer, electronics & Alexej Paryla, video
Dante Alighieri: »zur kalten Zeit trinkst die Seele in dich zurück«
2004 führten Wolfgang Mitterer und Alexej Paryla mit der Tanzkompany dans.kias im Wiener Semperdepot im Auftrag der Wiener Taschenoper das multimediale Werk Labyrinth 1+2 auf (360° Projektion, 16-Kanal-electronics, Sopran und vier Tänzer im Publikum). Das Material dieses 60-minütigen multimedialen Stückes ist Grundlage für Labyrinth 4.
Molten Liquid. Ein kristallenes Weinglas klingt, wird in der Zeit eingefroren und dann klanglich Stück für Stück auseinander genommen. Die konstituierenden Klangelemente verzweigen sich, nehmen individuelle Gestalt an, mutieren und vereinigen sich eventuell zu neuen spektralen Konglomeraten. Trotz dieser klangfarblichen Ausfälle übt die thematische Quelle einen zentralen Einfluss aus und verweist immer wieder zurück auf das Ausgangsmaterial. Klänge von Sprache und Alltagsgeräusche versuchen sich in den Vordergrund zu drängen, sind aber immer nur als eine Schicht unter den spektralen Grundstrukturen der Glasklänge zu hören. Verstärkung und Mehrkanaltechnik verzerren die Ausgangsklänge in einer Weise, die den Zuhörer einhüllt und zugleich überragt.
Combine (after Rauschenberg). Robert Rauschenberg begann in den 1950er Jahren, seinen abstrakten Gemälden gefundene Objekte anzufügen. Zunächst waren das nur zusätzliche Elemente einer zweidimensionalen, flachen Leinwand. Doch schließlich wurden diese »combines«, wie Rauschenberg sie nannte, zu eigenständigen Objekten, die die Galeriewand verließen und zu freistehenden, dreidimensionalen »assemblages«, auch dies ein Ausdruck Rauschenbergs, wurden. Durch die Verwendung gefundener Objekte wie Coca-Cola-Flaschen, Kleidungsstücken und Zeitungsausschnitten verwischte der Künstler nicht nur die Grenzen zwischen Malerei und Skulptur, sondern auch die zwischen der Kunst und der Außenwelt. Combine arbeitet mit Vinylplatten aus Geschäften in Belfast, Limerick und Galway. Diese gefundenen Objekte bilden das Ausgangsmaterial der Komposition. Das Werk versteht sich, wie Rauschenbergs »combines«, als freistehende Assemblage, in der verschiedene Ausgangsmaterialien eine neue Bedeutung und einen anderen Kontext erhalten.
The Pope’s Piano. Kurz nach seiner Wahl zum Papst gab Benedikt XVI. den Auftrag, sein altes Klavier aus seiner früheren Wohnung in Roms Piazza della Città Leonina abzuholen und in den Vatikan zu bringen. Doch die Transporteure mussten feststellen, dass es nicht durch die Fenster der päpstlichen Wohnung passte. Das Klavier musste zerlegt und später wieder zusammen gesetzt werden. Aber der Klang war natürlich nie mehr der gleiche. Diese Live-Improvisation ist eine klangliche Umsetzung der Klangwelt des auseinander genommenen Klaviers des deutschstämmigen Papstes, der, so das Nachrichtenmagazin »Der Spiegel«, oft Bach, Mozart und Palestrina spielt, immer ein wenig zu laut für seine Nachbarn.
Light Dynamics. A multichannel computer performance. Es ist ein alter Brauch, Schiffen auf See Signale durch Feuer oder Laternen zu senden. Ich finde es amüsant, dass wir heute astronomische Massen an Informationen von Sender zu Empfänger schicken, kodiert durch leitendes Licht. Die Kodierungen, die nötig sind, um diese Lichtpulsationen zu verstehen, sind von den Schiffssignalen gar nicht so weit entfernt. Verschieden ist vor allem die Menge der Informationen sowie die Verbindung von Mensch und Maschine in heutiger Technik. Musik durch ein anderes Licht zu betrachten, ein anderes, als der Autor intendiert hatte, führt zu neuen Bedeutungen, die aus den Verbindungen zur heutigen Zeit resultieren. In diesem Stück wurde nichts neu erfunden, sondern das Material stammt aus einfachen Figuren, die allerdings in neuem Licht präsentiert werden.
Sekher’s Clock. Sekher ist eine Personifikation der Zeit, wie Chronos, der Vater des Zeus, der aus dem ursprünglichen Chaos emportauchte. Dieses Stück erforscht die Zeit, den Rhythmus, den Puls und benutzt dazu ein bekanntes, unterlegtes Element. Verschiedene rhythmische Strukturen werden in einen akusmatischen Kontext gestellt und in ihrem räumlichen Bereich erforscht.
Wall Woodpeckers (Mauerspechte). Am 9. November 1989 machten sich die sogenannten Mauerspechte an der Berliner Mauer zu schaffen. Seitdem haben Politiker, Philosophen und Künstler die Konsequenzen des Mauerfalls diskutiert und analysiert. Meine Musik versucht, die Mauer selbst zu ihrer Version der Fakten Stellung nehmen zu lassen. Es ist ein klanglicher Diskurs mit Meißeln, Schraubenziehern und Hämmern, die die DDR wie tausende von Lautsprechern im Kreis umgeben. Ost und West werden durch kontrastierende Materialien dargestellt. 332 Samples der »Mauer«, nie länger als 1500 Millisekunden, werden zu multiplen Formen collagiert.
Wall Woodpeckers entstand im elektronischen Studio der TU Berlin, Dank an Folkmar Hein und sein Team.
Through the Rain. Von meinem Wohnzimmerfenster habe ich einen phantastischen Blick auf die Mourne Mountains im nordirischen County Down. Sleive Donard, der höchste dieser Berge, der die anderen überragt, wurde nach Domangard benannt, einem Heiligen, der eine Kapelle auf der Bergspitze errichtete. Als ich mir den Fußknöchel brach und viel Zeit zu Hause verbringen musste, blickte ich täglich auf dieses Panorama. Die Sicht war nicht immer klar. Die Erinnerung an die Wanderungen in den Wäldern unterhalb der Berge half mir, die Langeweile zu vertreiben, die mich in meinem Wohnzimmer-Gefängnis überkam. Während der Komposition dieses Werkes konnte ich nicht laufen oder mich frei bewegen. Deshalb spielen Klänge, die kinetische Energie suggerieren, in diesem Stück eine zentrale Rolle.
Streams (1999), 16'11, Ströme: Das Bild, das einem spontan in den Sinn kommt, ist das von Wasser - ungezügelt, aufgewühlt, dem Wind und dem Boden ausgeliefert, dem Meer entgegenfließend, das seinerseits ungezügelt und in beständiger Bewegung ist. Verdunstung, Wolkenbildung und Regen vollenden den Kreislauf, der sich unablässig erneuert … Ströme: Das Klangmaterial wurde an Stellen aufgenommen, wo Wasser, Erde und Luft (Flüssiges, Festes und Gasförmiges) aufeinander treffen: Fluss, Ufer, Regen. Hier entstehen Eigentümlichkeiten wie "Tröpfeln", "Blubbern", "Trommeln" (wie bei Trommeln? Mache dich auf die Suche nach einem geheimnisvollen irischen Besucher!). Über allem das beständige Auf und Ab der Wellen, das ein Modell für die Struktur des gesamten Stückes geworden zu sein scheint.
Ströme: Datenströme, Bewusstseinsströme und - am wichtigsten - Wahrnehmungsströme, – die Fähigkeit, die oft auch disparaten Elemente miteinander zu verknüpfen und zu verstehen, zu hören, dass sie Teil einer Linie, eines "Gedankenstroms" sind und sich von anderen (möglicherweise koexistenten) parallelen oder kontrapunktischen Strömen unterscheiden.
Das Medium des Mehrkanal-Tonbandes, das ich hier zum ersten Mal in einem reinen Tonbandstück verwende, ist bei diesen Strömungsprozessen hilfreich, unterstreicht aber auch die Beunruhigung unerbittlicher Bewegung…
Streams ist ein Auftragswerk des Festivals "Sonorities", das von der National Lottery und "Sonorities" finanziert wird.
Avoid being eaten by mimicking other less palatable species (Abemolpas), Version 2005. Am Beginn von Abemolpas stand die Idee, einen »stochastische Resonanz« genannten Prozess auf die Klangtransformation zu übertragen. Stochastische Resonanz ist ein Phänomen, bei dem unter den korrekten Bedingungen Lärm schwache Signale verstärken kann anstatt sie zu übertönen. Das schien mir ein interessanter Weg, um die unterschiedlichen Entwicklungen von getarntem und klarem Klangmaterial zu erforschen. Nach zahlreichen fehlgeschlagenen Experimenten begannen meine gewählten Klangquellen, die alle von domestizierten Tieren stammten, sich magisch aus dem Lärm zu erheben. Zur gleichen Zeit begannen die gehätschelten Tiere Charakteristika sehr viel weniger angenehmer Mitglieder einer surrealen Tierwelt anzunehmen. Der Titel reflektiert den Charakter, den die Musik schließlich angenommen hat.
Abemolpas war ein Auftragswerk von SARC, Queen‘s University Belfast, mit Unterstützung von SARC und The Arts Council of Great Britain.
Glasharfe 2006, Uraufführung der Mehrkanalfassung.
Eine Glasharfe ist ein Instrument, auf dem Klänge durch Anstreichen oder Anschlagen von chromatisch gestimmten Gläsern erzeugt werden. Glasgeräusche nehmen in der akusmatischen Musik eine zentrale Stellung ein, da sich ihr Timbre während des Erklingens vom Geräusch bis hin zu einem definierbaren Ton wandelt. Dabei reichen die Klänge von gestrichenen über angeschlagene Klanggesten bis hin zum eindeutigen Geräusch von zerbrechendem Glas. In der Komposition Glasharfe wird mit diesen unterschiedlichen Qualitäten experimentiert. Innerhalb dichter, durch algorithmische Techniken erzeugten Strukturen kann sich die Klangeigenschaft erheblich verändern. Diese Veränderungsgrade reichen an manchen Stellen sogar bis zu Metall- oder Holzklängen, obwohl es sich nur um Transpositionen der ursprünglichen Glasklänge handelt.
Neben den mit Glas erzeugten Tönen sind auch Klavier- und Celestaklänge zu hören. Beides Töne, die als glasklar beschrieben werden können. Neben der Klangfarbe spielt auch die Struktur eine entscheidende Rolle. Diese entsteht durch die rhythmische oder Tonhöhenverteilung der Klangpartikel. Außerdem werden den Klangpartikeln räumliche Informationen zugewiesen.
Dieses Werk wurde vollständig im hochauflösenden 192 KHz-Verfahren hergestellt. Schon bei der Aufnahme der Klänge wurden spezielle Hochfrequenzmikrofone verwendet. Zusätzlich bietet die hohe Auflösung von 192 KHz den Vorteil, dass man die Klänge ohne den Verlust von Obertönen auf und abtransponieren kann.
Glasharfe entstand als Auftrag des französischen Ministeriums für Kultur und wurde am 25. März 2006 im Salle Olivier Messiaen, INA-GRM Paris uraufgeführt.
ODD. Auftragswerk der Inventionen. Der Titel ODD ist eine Metapher und basiert auf der geometrischen Konzeption des Stückes, die aus ungeraden Funktionen besteht. Das heisst, dass die Kurve nach einer Rotation um 180 Grad unverändert gegenüber der Ausgangssituation bleibt. Ich werde mit dieser Idee vor allem im Hinblick auf die Verräumlichung der Klänge arbeiten.
ODD was conceived based on the SMS tools, which is a set of techniques and software implementations for the analysis, transformation and synthesis of musical sounds, developed by Xavier Serra an his team at MTG (Music Technology Group). One of the main processes the SMS offers is the separation of stable pitch components from the noise elements, naming them "residuals". The textures of the piece are made from this components, that after a process of constant transpositions creates very dense no-pitch sound masses. In a sense, ODD is a trio, having threes recognizable sound sources, a violin, a set of percussions and a female voice, which are surrounded and interrupted by this residual permanently moving textures. Also the morphing and transformation processes are constantly used to get "variations" ans "transitions" of this instruments. As a metaphor, the spazialization of sound was founded on the geometrical concept of odd functions that are symmetric with respect to the origin, meaning that its graph remains unchanged after rotation of 180 degrees about the origin. The idea was to create a permanent moving sonorous space in which the trajectories of sounds were applied equally to different sounds, but the resulting effect have totally different semanthic meanings. The meaning of space and distance is determine by a complex system of amplitude layers. The work´s structure is based in four clear moments define mainly by its background sonic textures, in its internal construction it is also the result of selecting graphic information given by the SMS analysis and subjectively interpret it as a "score" of the incoming musical events. ODD used the SMS tools as a "prism" that can disperse a "light" (sound) wave.
Phalanxes. Das Klangmaterial von Phalanxes wurde ausschließlich synthetisch produziert und besteht aus aufgenommenen Spannungsabfällen im Studio des Instituts für Sonologie in Utrecht. Anschließend wurde dieses Ausgangsmaterial für die Komposition einer Reihe von Klangtransformationen unterworfen. Eine Baumstruktur visualisiert diese Transformationen und bildet gleichzeitig die Basis für die Entfaltung dieser Klänge innerhalb einer bestimmten Zeitachse. In Phalanxes besteht das Quellenmaterial aus einer Gruppe von Texturen mit gleicher Klangfarbe, aber sehr unterschiedlichem Verhalten. Reguläre rhythmische Muster von Geräuschimpulsen werden lauter oder leiser, sie verändern ihre Geschwindigkeit und Klangfarbe mit jeder neuen Schleife. Durch das Übereinanderlegen dieser Muster im ersten Abschnitt des Stückes entsteht eine Art Landschaft mit einer sehr hohen Dichte von Klangimpulsen. Nach und nach wird die Regularität dieser Muster aufgebrochen und es ergeben sich neue, sehr viel organischer wirkende Gebilde. Während die erste Hälfte des Stückes sehr geräuschhaft wirkt, entfalten sich im zweiten Teil Tonhöhenkonstellationen durch den Einsatz von Resonanzfiltern. Allmählich zerfallen diese Komplexe zu einzelnen, kleinen Klangstrukturen. Gegen Ende wird die reguläre Faktur des Anfangs wieder aufgenommen, indem kurze Abschnitte früherer Formteile in Schleifen präsentiert werden.
Phalanxes entstand im Auftrag des Fonds voor de scheppende Toonkunst.
Comme un jeu des images. 2004 machte ich Tonaufnahmen in einem Opernhaus aus der Zeit des Jugendstils in Buenos Aires. Vor allem die Klänge der alten Mechanik, die nie erneuert wurde, faszinierten mich. Ich machte auch Aufnahmen von alten Sesseln und Türen sowie der metallenen Treppe und anderer Räumlichkeiten. 2003 nutzte ich diese Klänge für ein Hörspiel. Für Comme un jeu des images wollte ich das gleiche Material auf einer abstrakteren musikalischen Ebene verwenden. Mein Ziel war es, aus den originalen Theaterklängen abstrakte Texturen zu entwickeln, mit Hilfe des Computers. Ich kombinierte bestimmte Rhythmen, Klangfarben und Texturen, um ein Kontinuum von Klangbildern zu erzeugen. Das Stück endet mit einem kurzen Fragment aus Puccinis Oper Manon Lescaut, mit der das Theater 1908 eröffnet worden war, in einer alten Aufnahme von 1940.
Comme un jeu des images ist Folkmar Hein gewidmet.
Repetitions erforscht das Thema »Wiederholung« durch seine musikalische Struktur wie durch das verwendete Klangmaterial. Es gibt ein Werk von Igor Stravinsky, das sich repetitive Muster zu eigen macht wie kein anderes. Die Klänge aus diesem Stück Stravinskys bilden das Ausgangsmaterial für die Granulationsprozesse in meinem Werk. Die erste Fassung von Repetitions sah vier Kanäle vor. Die neue Version, die heute ihre Uraufführung erlebt, nutzt 20 Kanäle. Die komplexen Klangwolken können nun vom Zuhörer isoliert und genau lokalisiert werden. Außerdem nimmt die Zahl der wahrgenommenen Ereignisse zu, wenn sie im Raum verteilt werden. Mit dieser fantastischen Anlage scheinen sich die Klänge von den Lautsprechern zu lösen und in der Luft zu schweben. Die Kanäle sind übrigens nicht an einen bestimmten Lautsprecher gekoppelt, sondern sie bewegen sich durch die Lautsprecherlandschaft.
»Ich verstand, dass es keine Bewegung außerhalb der Zeit gab.
Ich verstand nicht, dass es keine Immobilität gab.«
J-L Borges, History of eternity
»Stille in der Stille ist nicht die wahre Stille
Nur die Stille in Bewegung ist die wahre Stille.«
Zen-Weisheit
Time well gehört zu einer Gruppe von Projekten, die sich mit dem Phänomen Zeit beschäftigen. Es geht weder um eine Demonstration oder eine Illustration als vielmehr um das Aufzeigen eines Netzwerks von Möglichkeiten, das Öffnen neuer Wege für unser Hören, um die flüchtigen Passagen, die erzählartigen Verzerrungen, die entscheidenden Schimmer. Keine Lösung, aber das Erkennen der Zeichen. Ein Netz, über eine sich wandelnde Oberfläche geworfen. Um hier zu sein.
Für Francis Dhomont.
Öffnen des Reissverschlusses, Frühling (Glas und Wasser); Sommer (Feuer und Papier); Herbst (Erde und Holz); Winter (Luft und Metall); Schließen des Reissverschlusses. Tangram ist der Name eines chinesischen Puzzles, das aus sieben elementaren geometrischen Formen besteht, aus denen sich Muster erzeugen lassen. Das Werk wurde von dem Geist dieses Spiels inspiriert, der Fähigkeit, aus einfachen Elementen komplexe, wiedererkennbare Strukturen zu entwickeln.
Das Stück ist Teil des »Cinema for the ear«-Zyklus, der zwischen 1990 und 1993 entstand. Tangram besteht aus sechs Abschnitten und nimmt den Zuhörer mit auf eine Reise durch die Jahreszeiten, diejenigen Elemente und Materialien betonend, die mit jeder Jahreszeit assoziiert werden.
Tangram entstand zwischen 1989 und 1992 im Studio des Komponisten und wurde 1993 noch einmal überarbeitet. Tangram wurde ermöglicht mit Mitteln des Canada Council [for the Arts] und des Ministère des Affaires culturelles du Québec.
Nuit Cendre ist eine freie Übertragung der Bilder von einer unterirdischen Welt, wie sie Jules Verne in seinem Roman ›Die Reise zum Mittelpunkt der Erde‹ beschrieben hat.
Das Werk, das als Kompositionsauftrag der Initiativen Codes d’accès in Montréal und Musiques et Recherches in Ohain, Belgien, entstand, wurde 1995 im Studio des Komponisten realisiert und am 27. Februar 1996 im Rahmen des Konzerts L’orchestre de haut-parleurs im Theater Agora de la Danse in Montréal uraufgeführt.
Für Annette Vande Gorne.
Provence. Ein Sommerabend, das Fenster weit geöffnet auf einen sich langsam verdunkelnden Himmel. In diesem tiefen Blau der Flug der Schwalben, ein scharfer, permanent sich verändernder Fütterungstanz. Die Nacht kommt. Da sind die Klänge aus dem Dorf, die die nächtlichen Feiern ankündigen. Die Echos erreichen mich. Ein Flugzeug beginnt seinen Landeanflug auf Marignanne. Wie einfach das alles ist! Es ist ein Moment reiner, kontemplativer Freude, kaum gestört von den Familienangelegenheiten, die schnell verjagt sind. Ich denke an Verlaines »Der Himmel über dem Dach, so blau, so ruhig...« Dies ist Musik der Erinnerung, konnotativ, gewiss, aber nicht darstellend. Es ist die Fortsetzung eines »Drôles d’oiseaux«, aus dem auch einiges an Material stammt. Der Raum gehört auch zur Erinnerung.
Vol d’Arondes (Flight of Swallows) war ein Auftragswerk von Musiques et Recherches, wurde im Métamorphoses d’Orphée multichannel studio in Ohain, Belgien, realisiert und am 21. November 1999 im XL-Théâtre du Grand Midi in Brüssel im Rahmen des 6th International Acousmatic Festival uraufgeführt.