Aufstand der Geräte. Die Künste im Zeitalter der apparativen Kommunikation
»(...) Die seit Jahrhunderten klare Unterscheidung zwischen Produzent und Rezipient, die in der Zuhörfrömmigkeit exklusiver Dichtergemeinden im frühen 20. Jahrhundert erst ihren kultischen Höhepunkt erreicht hatte, [ist] bis zur Unkenntlichkeit ausgeräumt, sobald der Nutzer eines Computers ein aus der eigenen Festplatte oder aus dem Netz abgerufenes Schrift-, Bild- oder Tonmaterial, das bei seiner Speicherung womöglich noch den Namen eines in sich geschlossenen Werkes verdiente, mit den Möglichkeiten seines Gerätes nach eigener Eingebung bearbeitet. (...) Bemerkenswert [ist], daß die Spielformen, mit denen die Informatik solche Aktivierung abgerufenen Materials zu eigenen Zwecken ermöglicht, für künstlerische und für andere, etwa wissenschaftliche oder auch experimentelle Zwecke eben dieselben sind. Einen Augenblick sollte dabei auch bedacht sein, daß das Wort »In–formation« mit unserem bisher der Phantasiearbeit vorbehaltenen Wort »Ein–bildung« bis in die Feinstruktur identisch ist. Das gibt zumindest ein Indiz dafür ab, daß die Kunst- und die Wissensproduktion im Zeitalter der Informatik einander deutlich näherrücken.« - E.L.
(Dieser Vortrag wird in die Publikation der Symposiumsbeiträge mit aufgenommen.)
Musik im technischen Zeitalter – so der Titel einer öffentlichen Diskussionsreihe, in welcher der Musikwissenschaftler Hans Heinz Stuckenschmidt mit zwölf führenden Komponisten der Nachkriegszeit die kontroversen Positionen zeitgenössischer Musik dem Fernsehpublikum vorstellte. So waren u.a. Boris Blacher, John Cage, Karlheinz Stockhausen und Luigi Nono Anfang der 60er Jahre in Berlin, und 1963 folgte auch Pierre Schaeffer Stuckenschmidts Einladung in eine gutbesuchte "Schwangere Auster", die damalige Kongresshalle.
Schaeffer entfaltet - überraschenderweise in flüssigem Deutsch - in einem kokett inszenierten Frage-und-Antwort-Spiel die Philosophie der Musique concrète und erläutert anschaulich (und ausführlich) seine psychoakustische und musikalische Grundlagenforschung. In Deutschland weitgehend unbekanntes Material – insbesondere Filmausschnitte von Maurice Béjarts Choreographie zur Symphonie pour un homme seule von Schaeffer/Henry und Passagen audio-visueller Experimente von Piotr Kamler – machen diesen Film zur Rarität.
Professor Dr. Manfred Krause war als junger Institutsmitarbeiter der TU in die Veranstaltung eingebunden. Er führt aus erster Hand in dieses Zeitdokument ein.