Michael Moser: RESONANT CUTS –

Installation für den Kleinen Wasserspeicher

Eintägige Konzert-Installation mit dem Ensemble Polwechsel und Gästen mit darauffolgender Klang-Installation

 klang und raum
aussenraum innenraum
raum als resonanzraum
raumresonanz als filter
 

Meine letzten Stücke arbeiten mit unterschiedlichen Instrumenten und einem konkreten elektronischen Setup. Ausgangspunkt der Untersuchungen war der Innenraum der Instrumente und der sie umgebende Außenraum beziehungsweise der Einfluss der Entfernung/Distanz zwischen Klangerzeuger und Mikrofon/Ohr, auf den Klang. Hierfür benutzte ich Pickup-Mikrofone im und am Korpus, sowie Mikrofone an verschiedenen Positionen im Raum. Das aus diesen Erfahrungen heraus entwickelte Setup sieht folgendermaßen aus:

Eine live gespielte Sequenz wird aufgenommen, über einen Lautsprecher zurück in den Raum gespielt und wieder aufgenommen. Dieser Vorgang wird immer wieder wiederholt. Auf diese Weise wird der Ausgangsklang durch den spezifischen Klang des Raumes gefiltert. Ich nenne diesen Vorgang in meiner Arbeit Ableitung. Es finden also je nach Art der Akustik des Ortes 20-30 Ableitungen desselben Materials statt. Durch diesen Prozess der wiederholten Verstärkung raumdominanter Frequenzen entsteht eine extreme Filterung des Materials, was zur Schaffung eines riesigen Repertoires an unterschiedlichen Klangfarben führt. Jedes Instrument hat seine eigene Klangfarbenentwicklung.

Die Erforschung dieser Phänomene führe ich mit dem Projekt RESONANT CUTS in Berlin auf Einladung der singuhr – hoergalerie und des Berliner Künstlerprogramms des DAAD in 2008 weiter. Im Kleinen Wasserspeicher der singuhr - hoergalerie ist eine eintägige Konzertinstallation - eine Mischform von Konzert und Installation - und  daran anschließend eine 7 wöchige Klanginstallation geplant, die auf dem aufgenommenen Material der Konzertinstallation basiert. 

zur Konzertinstallation:

 Die 5 Musiker werden im zentralen Raum, den äusseren Segmenten des kleinen Wasserspeichers zugewandt, verteilt. Diese  Raumteile sollen zuvor hinsichtlich ihrer Hauptfrequenzen und ihrer Filtereigenschaften untersucht werden. Aus den daraus resultierenden Ergebnissen leiten sich das gespielte Material und die genauen Positionen der Musiker im Raum ab (Partitur). Das Ergebnis soll eine in allen Details raumbezogene Arbeit sein. Die Musiker bespielen mit ihrem Material und dessen Raumableitung  jeweils den vor ihnen liegenden Raumteil. Für das Publikum ergibt sich dadurch eine möglichst klare akustische Trennung der Ereignisse. Um die gewünschte Transparenz und Differenzierung zu gewährleisten werden die Segmente nacheinander und nur in seltenen Momenten gleichzeitig aktiv bespielt.

Im zweiten Teil  der Konzertinstallation verlassen die Musiker ihre Plätze, ihre Instrumente bleiben jedoch vorort: die zuvor gespielte Musik wird mit Hilfe der am Korpus der Instrumente angebrachten Transducer auf diese rückübertragen - die Instrumente werden so zu den eigentlichen Lautsprechern. Das so generierte Material wird anschließend einer weiteren Raumresonanzableitung unterzogen.

Da die Proportion, die Aura der Architektur des Raumes, in dem die Konzertinstallation stattfindet, wie auch der sie umgebende Außenraum (also auch der Ortsbezug im Außen durch den das Publikum den Konzertort betritt) eine wichtige Rolle spielen, sind auch, wie in früheren Arbeiten, Video und aus den Klängen des Aussenraums generierte Zuspielungen, Teil des Komposition.

zur Klanginstallation:

 Die 7 wöchige Klanginstallation im kleinen wasserspeicher in Berlin baut auf dem musikalischen Material auf, das in der eintägigen Konzertinstallation im Rahmen des Festivals Inventionen am 24. Juli 2008 vorort aufgenommen wird.

Die Idee der Rückübertragung des musikalischen Materials auf die jeweiligen Instrumente durch Transducer - also die Verwandlung der Instrumente in Lautsprecher soll hier weiterentwickelt werden.

Stand am Beginn der Konzertinstallation der Musiker, der mit seinem Instrument den Raum bespielt, und der Raum durch den Prozess der Raumresonanzmultiplikation beziehungsweise in weiterer Folge das Instrument als Lautsprecher  im Mittelpunkt, so werden die eingesetzten Mittel nun in der installativen Variante weiter reduziert.

Die Instrumente verschwinden zur Gänze. An ihre Stelle treten sie repräsentierende Flächen/Objekte aus Glas  und Holz die über Transducer mit dem zuvor generierten Material bespielt werden. Diese Flächen sind einerseits eine gestaltete architektonische Intervention die den Raum in zehn Subräume gliedern soll, dienen aber andererseits - durch das bespielen mit Körperschallwandlern - als komplexe Lautsprecher/Filter. Durch die spezielle Hängung der Glasflächen soll ein möglichst freies Schwingen ermöglicht werden.

Das reizvolle an diesem Konzept besteht in der Verbindung von gegebener Architektur (Grundriss) und architektonischer Intervention die zugleich bespieltes, klingendes Objekt wird, da die raumgliedernden Flächen zu Lautsprechern werden.

Somit gibt es keine Trennung zwischen der architektonischen und der klanglichen Gestaltung. Der Wasserspeicher soll sowohl durch die akustische Wahrnehmung der durch die Glasflächen entstandenen Subräume erfahrbar gemacht werden, als auch in seiner Gesamtheit als bespielter spezifischer Klangraum. Es ergeben sich, über den Tag verteilt, spezifische musikalische ortsbezogene Abläufe. Eine Einbeziehung des Aussen über die akustische Repräsentation des Umgebungsraumes ist  wesentlicher Teil der Arbeit. Der kreisrunde Grundriss des Wasserspeichers bildet auch den Ausgangspunkt einer weiteren visuellen Ebene: Die sechs Segmente des Kreises mit parallelen Wänden und einem Tonnengewölbe geben Richtungen vor wie bei einem  Kompass. Videos, die den Aussenraum abbilden, indem sie versuchen diese Linien im Innenenraum nachzuzeichnen - etwa wie imaginäre Fensterausblicke aus dem Speicher in seine nähere Umgebung oder wieÜberwachungskameraeinstellungen im Objektschutz –sind Teil der Gesamtinstallation.

zurück