Bemerkungen zum Symposium:

Was ist neu an der Musique concrète?

 Konkret wurde die Kunst, als sie abstrakt wurde. Der Begriff "konkret" wurde zuerst von Malern (u.a. Theo van Doesburg, Wassily Kandinsky) beansprucht für Gemälde, die nichts Gegenständliches mehr darstellten, sondern nur Farbe und Form sein wollten. Im Oktober 1948 wurden die ersten Stücke konkreter Musik vom französischen Rundfunk ausgestrahlt. Auch Pierre Schaeffer verwirklichte eine Auffassung, die den Klang selbst zum musikalischen Objekt machte, anstelle des Tons als Stellvertreter innerer Empfindungen.

Das Geräusch war seit den Tagen der Futuristen musikfähig und der Bruitismus zu einer regelrechten Bewegung geworden. Neu an den Études de bruits von Schaeffer war die Aufwertung von Alltagsgeräuschen, ihre durch das Grammophon möglich gewordene Speicherung, die den Klang körperlich greifbar und durch künstlerische Verfahren verwandelbar werden ließ. Neu war die Idee, Musik nur für Lautsprecher zu komponieren.

Die Musique concrète markiert den Anfang des modernen Soundsamplings, den einer eigenständigen Radiokunst und des Sounddesigns. Mannigfaltige Anregungen sind von ihr auf musikalische Raumstücke und die Klangkunst ausgegangen. Das Symposium wird auf geschichtliche Hintergründe eingehen und sie mit Neuentwicklungen der Gegenwart verbinden. Einen wichtigen Aspekt stellt die Frage dar, welche neuen Rezeptionsformen eine Musik fordert, die nur zum Hören gedacht ist und nicht in traditioneller Weise analysiert werden kann. Und integriert sie nicht doch oft auch dem Hören visuelle Momente? – Umfassend kann ein zweitägiges Symposium nicht sein, aber vielleicht gedankenanregend.

 

Helga de la Motte-Haber

Hinweis: die Vorträge werden in einer gesonderten Publikation im PFAU-Verlag erscheinen.
(ISBN 3-89727-053-6)