INVENTIONEN'83                                                                                              Sonntag, 12.2.1983
9. Konzert                                                                                                            21 Uhr
TU-Gebäude Ackerstraße (Wedding)


SUKHI KANG (geb. 1934)

Geb. 1934 in Seoul, Korea. Er studierte an der Fachschule und Musikhochschule der Nationaluniversität Seoul, an den Musikhochschulen in Hannover und Berlin sowie an der Technischen Universität Berlin. Seit 1969 organisiert er Festivals für Neue Musik in Seoul. 1970 erhielt er einen Auftrag der EXPO/70 in Osaka. Er ist Gründer und Leiter des in Seoul jährlich stattfindenden Panmusicfestivals, Musikredakteur der Kulturzeitschrift SPACE und Vorsitzender der Koreanischen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM). 1975 - 1980 unterrichtete Kang an der Nationaluniversität Seoul Komposition, Instrumentation und Analyse der Neuen Musik. 1980 - 1982 Aufenthalt in Europa, zunächst in Köln, dann als Stipendiat des Berliner Künstlerprogramms des DAAD in Berlin. Seitdem auch künstlerischer Mitarbeiter des Elektronischen Studios der TU Berlin und Mitorganisator des elektroakustischen Festivals INVENTIONEN. Er schrieb Auftragswerke für den Westdeutschen Rundfunk (Bronzezeit), die Berliner Festwochen (Mega Melos), die Flötenakademie Tokio (Man-Pa) und für die IGNM-Weltmusiktage 1982 (Mutatio perpetua). Seit dem Sommersemester 1982 ist Sukhi Kang Professor für Komposition an der Nationaluniversität Seoul.

ANIRI

heißt übersetzt etwa Rezitativ, Sprechgesang, wobei ein improvisatorisches Element die Substanz des musikalischen Inhalts ist. Eine Kindheitserinnerung, in der die Mutter Geschichten und Märchen singend vorgetragen hatte, gab die Idee zum Stück. So sollen besonders Modalität und melodisch ähnliche Wendungen den singend-erzählenden Charakter übertragen, hingegen die Klang-Vielfältigkeit der Stimme von Michiko Hirayama, für die dieses Stück geschrieben wurde, die sehr unterschiedlichen Inhalte dieser Geschichten und Märchen andeuten.
Band und Computerprogramme wurden im elektronischen Studio der TU Berlin erstellt.


ERHARD GROSSKOPF (geb. 1934)

besuchte das Gymnasium in Hannover und begann nach verschiedenen anfänglichen Studien in Frankfurt und Berlin (Medizin, Philosophie, Mathematik, Kirchenmusik) 1959 das Kompositionsstudium bei Ernst Pepping und Boris Blacher. 1964-66 Dozent am Städt. Konservatorium Berlin. Seit 1966 freischaffender Komponist. 1966/67 und 1977 Stipendiat Villa Massimo Rom. 1969, 71, 72 Arbeiten im Studio für Elektronische Musik der Universität Utrecht. Seit 1964 Initiator avantgardistischer Konzerte in Berlin, seit 1978 der Reihe 'Insel Musik'. 1982 Komponisten-Atelier bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik und Stipendium der Akademie der Künste Berlin für die Villa Serpentara in Olevano Romano.
Kompositionsaufträge u.a.: Berliner Festwochen, Bundesregierung (Weltausstellung Osaka), RIAS Berlin, Metamusik Festival Berlin, Radio Bremen ('pro musica nova'), Radio-Symphonie­Orchester Berlin. Aufführungen auf internationalen Festivals. Rundfunkproduktionen und Sendungen bei in- und ausländischen Sendern.
DREI BLÄTTER       LUFT-WASSER-ERDE
für Flöten und Tonband (1979)
Den bedrohten Elementen gewidmet, sind die drei Teile der Komposition nicht als Programm-Musik zu verstehen. Die langen und weiten Melodiebögen in der Luft werden mit zarten Windgeräuschen kontrapunktiert. Die "fließenden" Figuren von Wasser stehen neben Tonbandgeräuschen von Plätschern, Gluckern und Rauschen eines Baches. Zu den Schrittfiguren in Erde kommen Schritte auf Erde, Stein, Holz, Kies und Gras. Die Komposition ist in ihrem instrumentalen Part weitgehend durch den Atem bestimmt. Das Maß ist die ruhige Konzentration einer langen Periode von Ein- und Ausatmen.


FRIEDEMANN GRAEF (geb. 1949)

spielt seit seinem 14. Lebensjahr Rock und Jazzmusik; Abschluss als Dipl. Ing. an der TU Berlin; instrumentaler Privatunterricht; Anstöße zu Kompositionstätigkeit durch freie Improvisationen und Experimente mit Earle Brown, Alcides Lanza und durch das Spielen von Neuer Musik; seit 1975 hauptberuflich improvisierender und gleichzeitig komponierender Musiker; Auftritte bei zahlreichen Jazzfestivals in den meisten europäischen Ländern; Mitarbeit in der "Musicalischen Compagney" (Ensemble für alte Musik auf historischen Instrumenten); 1981 Studienaufenthalt und Konzerte in USA (außereuropäische Musik); Kompositionen für die Berliner Sommerfestspiele, Schaubühne am Hallesehen Ufer (Groß + Klein); Kompositionen für Jazzgruppen, Big Band, Kammermusik, Ballettmusik; Schallplattenproduktionen hauptsächlich bei "Free Music Production" Berlin; letzte Auftritte beim Jazzfest Berlin und im Fernsehen der DDR.

DIALECT II (1982)

ist eigentlich der 2. Akt einer noch unvollendeten "Tanz­Jazz-Oper". Das Stück ist die Beschreibung einer Reise. Durch die Monotonie des Fahrens und die Bewegungsarmut des Reisenden kommen dessen Gedanken und·Gefühle in Bewegung. Neben einer beschleunigenden und einer bremsenden Phase am Anfang und am Ende des Stückes besteht es aus 5 Teilen, drei schnellen, unterbrochen von zwei langsamen. Die Ideen für die Arbeit mit dem Computer (Synclavier II) entsprangen aus dem ständigen Spannungsfeld zwischen einerseits dem Versuch, einer natürlichen Artikulation (Trommeltechniken) möglichst nahe zu kommen, und andererseits der Tatsache, daß eine präzise Überschichtung komplizierter Rhythmuszyklen und verschiedener Tempi von einer Maschine besonders gut zu realisieren ist.
Für die vielen anregenden Diskussionen danke ich Folkmar Hein, dem Leiter des elektronischen Studios der TU Berlin. Dem DAAD danke ich für seine Unterstützung.
Friedemann Graef



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